Escherichia coli-Infektion

Escherichia coli gehört zu den bekanntesten und meist untersuchten Bakterienarten (gramnegatives, bewegliches Stäbchenbakterium).
Als Teil der Darmflora ist E. coli ein Kommensale (Organismus, der sich auf Kosten eines Wirtes ernährt, ohne ihm dabei zu schaden) und hat hierbei eine Schutzfunktion vor der Ansiedlung anderer pathogener/krankmachender Keime. E. coli-Keime kommen in der Umgebung der Tiere, in der Einstreu, im Futter und im Darmtrakt fast eines jeden Tieres ständig vor. Normalerweise verhalten sich die Bakterien harmlos.
Jedoch besitzen eine Reihe von Typen von E. coli verschiedene krankmachende Eigenschaften. Diese (Sero-) Typen des Bakteriums verursachen unter anderem Darmentzündungen, Durchfälle und Blutvergiftung (Septikämie) als eigenständige Erkrankungsbilder.
Vor allem als Sekundärerreger nach einer vorhergehenden Erkrankung oder auch als Begleitinfektionen bei anderen Krankheiten kann es zu schweren Komplikationen kommen.

Escherichia-coli-Infektionen als Primär- (eigenständige Erkrankung) oder Sekundärinfektion (Begleitinfektion) führen bei Puten zu verschiedenen Erkrankungsformen und sind meist mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten verbunden.

Verbreitung, Übertragung, Infektion
E. coli-Keime sind überall, und Bestandteil der normalen Darmflora. Auch bei gesunden Tieren können die krankmachenden Typen nachgewiesen werden. Sie können diese somit beherbergen und mit dem Kot ausscheiden.

Coli-Infektionen werden begünstigt durch Überbesatz, schlechte Hygiene, unzureichende Ventilation (Schadgasbelastung, Ammoniakbelastung, Luftfeuchtigkeit), Kälte, plötzlichen Temperaturwechsel und staubige Luft. Verschiedene Stressoren wie z.B. Umstallung, gestörtes Sozialverhalten (Federpicken, Kannibalismus), aber auch zusätzliche virale bzw. bakterielle Infektionen (vor allem Erreger von Atemwegserkrankungen) begünstigen ebenfalls die Ausbildung schwerer Krankheitsbilder. Bei mangelnder Hygiene kann E. coli über das Brutei übertragen werden. Die Infektion wird außerdem von Tier zu Tier, über das Wasser und Futter sowie den Kot und mit erregerhaltigem Staub sowie kontaminierte Gegenstände und Kleinnager weitergegeben. Die Übertragung über die Luft hat bei vielen pathogenen E. coli-Keimen große Bedeutung, da diese eine besondere Affinität zur Luftröhrenschleimhaut haben.

Die Bakterien bleiben bis zu 1 Monat in feuchtem Kot, im Boden und im Wasser infektiös (krankmachend). Sie sind empfindlich gegen Sonnenlicht, Austrocknung und handelsübliche Desinfektionsmittel. Bei 60°C wird der Erreger in 15 bis 30 Minuten inaktiviert.
Zwischen Ansteckung und dem Auftreten von Krankheitserscheinungen dauert es zwischen 24 bis 48 Stunden. Es kann aber auch mit 6 Stunden sehr schnell gehen.

 

Klinisches Erscheinungsbild, Krankheitsverlauf
Unter dem Begriff Coli-Infektionen werden meist unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst, wie z. B.:

  • Embryo- und Frühsterblichkeit der Küken
  • Coliseptikämie einschließlich Luftsackentzündung
  • Synovitis = Gelenksentzündung 
  • Perikarditis = Herzbeutelentzündung und Perihepatitis = Leberkapselentzündung

Coliseptikämie
Weltweit bedeutsamste systemische Allgemeinerkrankung von Küken und adultem Geflügel. Hier durchbricht der Erreger die Blut-Darm-Schranke, vermehrt sich auf dem Blutweg und wird so in den Körper gestreut. Die klinischen Symptome sind häufig abhängig von der Eintrittspforte sowie vom Alter der Tiere. Junge Tiere sind empfänglicher als ältere.
In erkrankten Kükenherden ist die Sterblichkeit erhöht (10 bis 30%). Küken sind besonders mit Nabel-/Dottersackentzündung betroffen. Auch ungenügend resorbierte, vergrößerte Dottersäcke mit verfärbtem Inhalt und veränderter Konsistenz treten dabei auf.

Eine erkrankte Herde wird ruhiger. Die Tiere zeigen eine Störung des Allgemeinbefindens (Tiere wirken trüb und matt), erhöhtes Wärmebedürfnis und die Futteraufnahme geht zurück. Die Tiere sind teilnahmslos, mit struppigem Gefieder, sitzen abgegrenzt und entwickeln teilweise schwere Atmung mit gelegentlichen Japsern, selten können Atemgeräusche oder Husten beobachtet werden. Es tritt Durchfall mit schwärzlichem Kot auf. Dadurch können bei Küken häufig verklebte Kloaken beobachtet werden. Erhöhte Sterblichkeit nach kurzem Kümmern oder auch ohne vorhergehende Symp-tome sind typisch für septikämische Ausbrüche, wobei die Tierverluste selten 5 % übersteigen, jedoch oft mehr als 50 % der Tiere vom Infektionsgeschehen betroffen sind.

 

Bei septikämischem Verlauf sind im Sektionsbild außer Blutungen im Darm und an Organen sowie einer geschwollenen brüchigen Leber nur wenig Organveränderungen feststellbar.
Bei Infektionen während der Aufzucht (Jungputen) sind vor allem Entzündungen an Herzbeutel, Leberkapsel, Luftsäcken und dem Bauchfell zu sehen: weißliche Massen im Herzbeutel, in den Luftsäcken, im Leberbereich sowie im Bereich des Bauchfells. Die Leber kann grünlich verfärbt und brüchig sein oder auch kleine weiße Punkte (Nekrosen) aufweisen. Häufig sind Leber und Milz geschwollen und dunkel verfärbt.

E. coli bedingte Infektionen des Atmungstraktes treten häufig bei älteren Tieren auf und führen meist zu Husten und Atemgeräuschen. Ältere Tiere entwickeln als Komplikation oft eine chronische Atemwegserkrankung.

Bei Infektionen der Gelenke, Sehnen und Knochen kommt es zu Bewegungsstörungen und Lahmheiten. Die Tiere haben verdickte warme Gelenke, in denen häufig vermehrt weiße oder wässrige (zähe, trübe) Gelenksflüssigkeit zu finden ist.

 

Ähnlichkeiten, Verwechslungen mit anderen Krankheiten
Je nach Erkrankungsform (hohe Sterblichkeit/Septikämie, Atemwegsinfektion, Gelenksentzündung, Dottersackentzündung) sind viele verschiedene Krankheitserreger, die zu ähnlichen Symptomen und Veränderungen führen, abzugrenzen. Es müssen andere bakterielle Erreger wie z.B. Salmonellen, Mykoplasmen, Staphylokokken, Streptokokken, Pasteurellen und Pseudomonaden ausgeschlossen werden. Dies geschieht durch die mikrobiologische Untersuchung im Labor (Anzüchtung des Bakteriums). Desweiteren ist die Beteiligung von Viren auszuschließen.

Beispiele für andere Krankheitserreger (unvollständig)

  • Septikämie: Pasteurella multocida, Salmonellen, Streptokokken
  • Gelenksentzündung: Mykoplasmen, Staphylokokken, Streptokokken, Salmonellen und Viren
  • Dottersackentzündung: Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, Salmonellen, Pseudomonaden, Proteus, Clostridien

Beweisend ist nur der kulturelle Erregernachweis mit Serotypisierung.
Die Serotypisierung ist nach wie vor ein häufig angewandtes diagnostisches Werkzeug.
Allerdings lässt die Bestimmung der Serogruppe nicht gleichzeitig auf die Virulenz des E.coli- Stammes schließen, so dass sich aviäre pathogene E. coli-Isolate erst nach der genotypischen Untersuchung/Pathotypisierung als solche identifizieren lassen.

 

Behandlung
Der Einsatz von Antiinfektiva sollte wegen der regional unterschiedlichen Resistenzlage und der zunehmenden Häufigkeit an mehrfachresistenten E. coli-Stämmen von einem Antibiogramm (Resistenztest) abhängig gemacht werden.

Zusätzlich Ausschalten der ursächlichen Faktoren.
Zudem empfehlen sich therapiebegleitende Maßnahmen wie z.B.:

  • schwerkranke Tiere aus der Herde entfernen
  • Abdecken der Einstreu mit frischem Material, Nachstreuen
  • Luftwechsel zur Verbesserung des Stallklimas erhöhen
    (steigern des Sauerstoffgehalts)
  • Erhöhung der Stallinnentemperatur
  • Steigerung der Futter- und Wasseraufnahme:
    • Verlängerung des Lichttags
    • Erleichterung der Futteraufnahme
  • usw.

Prophylaxe
Eine Eliminierung pathogener E.coli-Stämme ist wegen der weiten Verbreitung nicht möglich.

Das Schwergewicht in der Bekämpfung der durch E. coli bedingten Erkrankungen liegt in vorbeugenden Maßnahmen. Dazu gehört eine optimale Brut-, Stall- und Transporthygiene und ein optimales Management.

Ein optimales Haltungsmanagement mit entsprechenden Haltungs-, Fütterungs- und
Hygienemaßnahmen, die regelmäßige Gesundheitsüberwachung sowie ein angepasstes Prophylaxeprogramm sind
Voraussetzung für die Beherrschung dieser Faktorenerkrankung.

 

 

Literatur auf Anfrage bei Verfasserin

Dr. Christina Popp
Dipl. ECPVS
Fachtierärztin für Geflügel
Bestandsbetreuung Wirtschaftsgeflügel
christinapopp@hotmail.com