Clostridieninfektionen

Infektionen und Vergiftungen mit Clostridien verlaufen meist tödlich.
Wirtschaftlich bedeutungsvoll sind bei der Pute die vom Darm ausgehenden Infektionen:
Die nekrotisierende Darmentzündung (NE) und die ulzerative Darmentzündung.

Nekrotisierende Enteritis (NE)
Hierbei handelt es sich um eine bakteriell-toxische Erkrankung des Jungmastgeflügels, die durch charakteristische, mit Gewebstod einhergehende (diphteroid-nekrotisierende) Darmveränderungen gekennzeichnet ist.

Erreger
Verursachende Erreger der nekrotisierenden Darmentzündung (NE) sind bestimmte Stämme des Bakteriums Clostridium perfringens, vorzugsweise Typ A, die sich durch starke Toxinbildung auszeichnen. Das grampositive unbewegliche plumpe Stäbchenbakterium hat die besondere Eigenschaft, Sporen zu bilden. Im Gegensatz zum Bakterium können die Sporen, als sehr stabile Dauerform des Erregers, im Erdboden jahrelang überleben und sind sehr resistent gegen Austrocknung, Hitze, Bestrahlung und Desinfektionsmittel.
Nachdem einige Futterzusätze nicht mehr eingesetzt werden dürfen, hat die Häufigkeit der NE deutlich zugenommen und führt weltweit zu hohen Verlusten.

Verbreitung, Übertragung, Infektion
Clostridien kommen weltweit im Erdboden und auch im Dickdarm gesunder Tiere vor. Unter günstigen Bedingungen ist eine mit Giftbildung verbundene Erregervermehrung in der Einstreu, dem Futter und den Futterbestandteilen möglich.
Die krankmachende Wirkung ist abhängig von der Anzahl aufgenommener Clostridien und von ihrer Fähigkeit, Gift zu produzieren.

Die Erkrankung kann auf zwei verschiedenen Wegen beginnen:

  1. entweder durch die orale Aufnahme von großen Mengen an Clostridien, deren Sporen und des Alpha-Toxins mit Futter oder Wasser (z.B. tote Maus im Vorlaufbehälter oder Futtersilo) oder aber
  2. nach starker Vermehrung vom Dickdarm in den Dünndarm aufsteigenden Clostridien.

 

Um aber im Tier eine Erkrankung auszulösen, benötigen die Clostridien normalerweise begünstigende Faktoren. Das heißt, der Ausbruch der Erkrankung wird z. B durch unterschwelligen Kokzidienbefall sowie andere Darmschleimhautentzündungen infolge viraler, bakterieller oder parasitärer Erkrankungen, Muskelmagenerosionen und Immunschwäche, z. B. nach Infektion mit dem Virus der Hämorrhagischen Enteritis (HE), begünstigt.
Durch Mängel im Management, hohe Besatzdichte, Überhitzung, schlechte Einstreupflege, nasse Einstreu, schlechtes Stallklima, schnellen Futterwechsel, hohe Energie- und Proteingehalte im Futter, unsachgemäße restriktive Fütterung, hochgradig mit dem Erreger befallene Futtermittel und Versagen der Tränkwasserversorgung steigt die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs der Erkrankung deutlich an.
Übermäßiges Fressen von Einstreu, v. a. von langfaserigem Einstreumaterial/ Stroh, hat eine Reduzierung der Darmbewegungen, Veränderung des ph-Wertes im Darm und die Ausbildungen von Magenverstopfungen zur Folge.
Diese Störungen fördern das Auftreten von NE. Häufig bilden sich aus dem Magen in den Darm hineinragende, seilartige Gebilde aus Stroh. Meistens wurde in diesem Zusammenhang zu früh auf das zu lange Stroh umgestallt oder damit nachgestreut und die Grittgabe vernachlässigt.
Der Darminhalt erkrankter Tiere enthält dabei 10 000- bis 100 000mal soviel Clostridien wie der gesunder Tiere. Nachdem der Erreger an den Dünndarmzotten haftet und diese besiedelt, kommt es zu toxinbedingten Veränderungen der Schleim-hautoberfläche. Blutvergiftung und schwere entzündliche Prozesse folgen.

klinisches Erscheinungsbild, Krankheitsverlauf
Bei Puten tritt die Erkrankung häufig zwischen der 3. und 10. Lebenswoche auf und ist dabei meist mit der Einwirkung der begünstigenden Faktoren verknüpft.
Häufig kommt es ohne vorherige Krankheitsanzeichen in den betroffenen Beständen zu einem plötzlichen Anstieg der Verluste.
2-14 Tage nach der Infektion können bei betroffenen Tieren Störungen des Allgemeinbefindens, gesträubtes Gefieder, verminderte Futteraufnahme und wässrig-schleimiger, teilweise blutiger Durchfall auftreten. Der Trinkwasserverbrauch kann abhängig von der Anzahl betroffener Tiere und dem Schweregrad der Erkrankung, sowohl ansteigen wie auch deutlich zurückgehen. Betroffene Tiere verenden nach wenigen Stunden.

Das Gesamtbild der Herde ist meist wenig gestört, nur im akuten Verlauf.
Die Tierkörper verendeter Tiere sind stark ausgetrocknet, die Brustmuskulatur ist dunkelrot verfärbt.
Charakteristische Veränderungen werden im mittleren und hinteren Dünndarm angetroffen. Es sind typische Entzündungserscheinungen festzustellen. Der Dünndarm ist schlaff, erweitert und brüchig. Er enthält trüben, von grün über braun bis rötlich verfärbten, teilweise blutig-körnigen, übelriechenden Inhalt. Die Schleimhaut ist pelzig oder körnig verdickt, grauweiß bis gelblich verfärbt und von bröckelig-weißen Belägen bedeckt, die sich als kleieartig-schollige oder flächige Schorfe darstellen. Die Leber kann Blutfülle aufweisen.

Ähnlichkeiten, Verwechslungen mit anderen Krankheiten
Die Diagnose wird gestellt durch
• den Zerlegungsbefund: Veränderungen der Dünndarmschleimhaut und
• mikroskopischen Nachweis der Bakterien: Gramfärbung von Abstrichen betroffener Darmabschnitte
Durch den bakteriologischen Nachweis des Erregers (Anzucht des Erregers) kann die Diagnose abgesichert werden.

Trotz der charakteristischen Veränderungen sind Darmentzündungen, die durch andere Bakterien, Viren und Parasiten verursacht werden, unter anderem die Ulzerative Enteritis, die Hämorrhagische Enteritis sowie Kokzidiosen, abzugrenzen und auszuschließen.

Behandlung
Die Therapie besteht in der schnellen Gabe von Antibiotika über das Trinkwasser (z. B. ß-Lactam-Antibiotika: Penicillin oder Makrolide: Tylosin; aber auch Tetrazykline und Lincosamide sind als wirkungsvoll beschrieben). Die Behandlungsdauer sollte mindestens 4, besser 5 Tage betragen. Mit einer deutlichen Besserung, v. a. dem Rückgang der Verluste, ist nach 2-3 Tagen zu rechnen. Damit es nicht zu Rückfällen kommt, kann die Durchführung der Behandlung auch länger veranschlagt werden. Zu Behandlungsbeginn bereits erkrankte Tiere sind jedoch nicht mehr zu retten.
Alternative Gaben von Probiotika in Form von Darmflorapräparaten oder selektierten Darmflorabakterien (Streptococcus faecium, Lactobacillus) wurden versucht. Eine zuverlässige Bewertung der Wirksamkeit ist jedoch nicht möglich.
Die Haltungsbedingungen sind bei erheblichen Mängeln unbedingt zu korrigieren. Die Stalldesinfektion sollte mit einem Desinfektionsmittel, welches auch gegen die Sporen (sehr stabile Dauerform) wirkt, erfolgen.

Prophylaxe
Vorbeugend sind die Faktoren, die die Erkrankung begünstigen, auszuschalten. Bedingungen, die die Widerstandsfähigkeit der Tiere verbessern, sind zu schaffen. Maßnahmen, durch die der Erreger- und Toxingehalt im Umfeld der Tiere vermindert werden, sind umzusetzen.
Dazu gehören die Optimierung des Stallklimas, wie gute Belüftung und trockene Einstreu. Die Zusammensetzung des Futters und die Besatzdichte sind zu überprüfen, die Verminderung der Erregerbelastung durch Ausmisten sowie gründliche Reinigung und Desinfektion nach jedem Durchgang zur Senkung des Infektionsdrucks sind sicher zu stellen.
Vorbeugende Maßnahmen gegen andere Darmerkrankungen und Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen (Kokzidien und HE-Viren), sind besonders wichtig.

 

Literatur auf Anfrage bei Verfasserin

Dr. Christina Popp
Dipl. ECPVS
Fachtierärztin für Geflügel
Bestandsbetreuung Wirtschaftsgeflügel
christinapopp@hotmail.com